Auf den Spuren der belgischen Rad – Klassiker
Wenn Jacques die Tour vorbereitet muss man fit sein, schließlich stammt von ihm der legendäre Satz aus den Gründerjahren: „Unter 100 km steige ich gar nicht erst auf’s Rad!“ Da er angekündigt hatte, die Touretappen wären nur zwischen 70 und 90 km war klar, dass die geringe Tageskilometer ein Kompromiß waren, weil es eben ständig „rupp und runner“ gehen würde.
Aber zunächst ging es beschaulich los, mit der Bahn bis nach Aachen. Dort gab es hinter dem Bahnhof Striptease-Szenen um in die Radklamotten zu kommen, denn immerhin waren noch 40 km bis ins Nachtquartier Monschau zu fahren. Es wurden dann 42 km und es ging schon kräftig rauf und runter, so dass bei Franz-Josef bemerkt wurde, dass er „schon nach 20 km seinen 120 km Gesichtsausdruck drauf hatte“. Dabei war er mit einem neuen Rad angetreten und sofort wurde im Logbuch eine lange Tabelle aller jener Räder notiert, die er in seiner langen Rammbah-Karriere schon angeschleppt hatte, angefangen mit jenem Bastelsatz von einem Rad (sh. Tourbericht 1985).
Unser Frühstück gab’s am nächsten Morgen in einem Café und dann ging’s auf die „Königsetappe“ nach La Roche en Ardenne. 90 km waren „angedroht“ und nach den ersten Steigungen wurde überlegt, ob Herby nicht besser einen zweiten Kartensatz bekommen sollte. Aber, wie immer, ließ er sich nicht beirren, fuhr am Berg „sein“ Tempo und eigentlich sind ja alle immer dankbar für die kleinen (Warte-)Pausen. Den ganzen Vormittag „verfolgte“ uns die Formel 1, die ab heute in Spa Francorchamps zu Gast ist. Bis auf 300 m kamen wir schließlich an die Rennstrecke heran. Einen kurzen Abstecher machten einige Rammbah’s noch zu Belgiens höchster Erhebung (694 m) und am Mittag gab es ein (früher typisches!) Rammbah-Mittag-Essen mit Frikandel, Pommes und Bier. Die Kalorien-Erbsenzähler der Truppe hatten sich überwunden. Klasse-Wetter und tolle Gegend aber eben schon auch sehr anstrengend und besonders Markus war mehr als happy, dass die letzten 7 km dann tatsächlich nur noch Abfahrt waren. Das malerisch gelegene Hotel und die Restaurant-Empfehlung der Wirtin waren top. Zum Abschlussbierchen nach dem Essen im Hotel kamen aber nur noch Jacques und der Tourälteste die Treppe in die Wirtschaft hoch – das hat es auch lange nicht gegeben.
Am Freitag ging es zunächst direkt den Berg hoch auf den Weg nach Lüttich. 75 km hatte Jacques angekündigt aber wieder wurde die bange Frage gestellt: „wann fangen die bei ihm an?“ Am Ortschild, auf dem ersten Berg, dem zweiten….man weiß es nicht. Als wir schließlich, nach 95,8 km (!) in Lüttich in der Jugendherberge ankamen, tranken wir jedenfalls das erste Bierchen auf „Jacques Münchhausen“. Die Mittagspause fand in der „kleinsten Stadt der Welt“ statt. Sie heißt Durbuy (www. durbuy.be), hat ca. 400 Einwohner und bereits 1331 die Stadtrechte verliehen bekommen. Die letzten km dorthin waren die steilste Abfahrt der Tour, „leider“ ging es nach dem Essen auf gleichem Weg zurück, hatten wir also auch direkt die steilste Steigung der Tour (über 15%). Statt des opulenten Mahles vom Vortag gab es in der Mittagspause jetzt „nur“ noch Brote und einige Rammbah’s tranken Cola Light statt Bier oder Radler. Die Erinnerung an das, „was gestern Nachmittag noch an Strecke kam“, hatte einige vorsichtig werden lassen. Lüttich bot am Abend ein Volksfest mit Live-Musik auf dem Rathausplatz – alles uns zu ehren (?!).
Der letzte Tag auf’m Rad war dann wirklich (fast) eine „Spazierfahrt“, oder wir hatten uns jetzt einfach an das ständige Auf und Ab gewöhnt. Wir stießen noch auf eine Radtouristik, gönnten uns in einem Klostergarten eine schöne Pause und natürlich machten wir auch den „Schwenk“ auf das „Dreiländereck“ bei Aachen, statt die direkte, kürzere Route zu nehmen. Auf der Terasse zeigte der Tourälteste (Manfred), wieviele Kleidungsstücke man übereinander anziehen kann (im Alter friert man leichter?) dann die Ankunft im Jugendgästehaus/Jugenherberge, die zum Glück tolerant gegenüber älteren Herrschaften sind. Wir erbettelten uns einen Schlüssel, um auch nach 01.00 Uhr noch herein kommen zu können – aber wer will/kann das von uns schon noch, nach vier Tagen auf dem Rad….Auch Aachen bot ein Volksfest (für uns ?!) und am nächsten Morgen hatte jeder von uns, völlig ungewohnt für Rammbah’s, „30 Minuten zur freien Verfügung“ um in der Innenstadt Printen o.ä. zu kaufen, für die Rückfahrt zu den Lieben daheim. Vorher waren wir im Kaiserdom im Hochamt(!). Die (wenigen) Musikkenner unter uns waren u.a. von der Wirkung der Orgel und Chor in dem Bauwerk sehr beeindruckt.
Jacques hat mit dieser Tour, auf die er sich wieder wie gewohnt sehr gewissenhaft vorbereitet hat, ein echtes Meisterwerk abgeliefert. Es war alles drin, was das (Rammbah-)Herz begehrt. Bewundernswert auch seine Ruhe und Übersicht in einer (fremdsprachigen) Gegend, in der die Orientierung nicht immer einfach ist. Reinhold hat wieder die Tourkasse geführt und die Tourfotos gemacht. Schön, dass „die glorreichen Sieben“ wieder einmal komplett fahren konnten und alle heil wieder ankamen und die Tour auch fast pannenfrei verlief! Weil das Wetter auch mitspielte, war es einfach alles optimal! Eine klasse Tour!